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Kago und kastom. Zum Verhältnis von kultureller Fremd- und Selbstwahrnehmung in West New Britain

Habilitationsprojekt: Dr. Holger Jebens

Das Projekt wurde im Jahr 2008 beendet

 

Ziel des Forschungsprojektes ist es, in ausgewählten Regionen Papua-Neuguineas Formen der indigenen Verarbeitung von Fremderfahrung zu analysieren. Zu diesem Zweck wurden im Verlauf mehrerer stationärer Feldforschungsaufenthalte jeweils Daten zur Auseinandersetzung mit bestimmten Elementen der westlichen Kultur erhoben.

Ausgangspunkt der Untersuchung ist die These, daß sich in Papua-Neuguinea aus der wechselseitigen Beeinflussung von Tradition und importierter Moderne ein kulturelles Orientierungssystem herauszubilden begonnen hat, das bei der Bewältigung von Fremdeinflüssen bis heute eine zentrale Rolle spielt und das sich gleichermaßen in Cargo-Kulten, in der Formation christlicher Gemeinden, in politischen Bewegungen und in ökonomischen Unternehmungen manifestiert.

Dieser Ansatz soll es erlauben, die auf westlicher Seite bislang oft übersehenen melanesischen Besonderheiten der indigenen Verarbeitung von kultureller Fremderfahrung zu verdeutlichen. Dazu gehören vor allem Dynamik und Vielschichtigkeit: Die Einheimischen experimentieren mit den einzelnen Elementen der westlichen Kultur in wechselnder Reihenfolge oder auch simultan, um einerseits zu werden „wie die Weißen“ und um andererseits gerade auf diese Weise ihre als bedroht empfundene eigene Identität zu behaupten. Dabei betrachten die Einheimischen westliche Güter, das Christentum, politische Institutionen und die Geldwirtschaft als wesentlich für die westliche Kultur, so daß sie im Grunde versuchen, das Bedrohende zum Schutz des Bedrohten einzusetzen. Gegenstand des Forschungsprojektes sind Beispiele für einen Umgang mit kulturellen Fremdeinflüssen, die sich dadurch auszeichnen, daß diese nach Maßgabe der eigenen Bedürfnisse und Vorstellungen umgestaltet und in das Eigene integriert werden. Diese Beispiele eignen sich insofern über die Beschäftigung mit Papua-Neuguinea hinaus als Grundlage für interkulturelle Vergleiche und damit für die Gewinnung von „interkultureller Kompetenz“.